Zum Inhalt:

Die Menschen haben den dritten Weltkrieg verloren. Die neuen Herrscher sind die Percents: künstlich erzeugte Menschen, die einst gezüchtet worden, um für die Menschen zu kämpfen und als Ersatzteillager zu dienen. Bis zu ihrem Aufstand und ihrem Sieg über die Menschen. Seitdem verdunkelt Dark Canopy die Welt, in der Joy – eine 19jährige Rebellin – lebt.

Nur 2 Stunden Sonnenlicht am Tag wird den Menschen zugestanden. Dann wird die Sonne wieder künstlich verdunkelt.

Die Rebellen leben ein gefährliches Leben. Denn begegnen sie einem Percent, macht dieser mit ihnen kurzen Prozess. Sie haben übernatürliche Kräfte. Ihre Sinne sind viel mehr ausgeprägt, sie sind schnell. Sie sind tödlich. Und grausam.

Bei einem Befreiungsversuch eines Clanmitglieds wird Joy geschnappt und gerät in Gefangenschaft. Sie soll als Soldatin für das Chivvy antreten und wird Neél unterstellt, der sie ausbilden soll. Im Chivvy wird mit einer brutalen Jagd mit eigens dafür ausgebildeten menschlichen „Soldaten“ an jenen Blutsonntag im August gedacht, als die Percents die Menschheit niederschlugen und das Blut der Menschen die Straßen tränkte und danach die Sonne verdunkelte. Joy ist klar, dass sie keine Chance hat. Doch fügt sie sich in ihr Schicksal. Und stellt plötzlich fest, dass Neél überhaupt kein Ungeheuer ist, sondern den Menschen sehr ähnlich und auch mit ganzem Herzen für etwas kämpft….

Meine Meinung:

Was für ein grandioses Buch. Der erste Band der Dilogie hat zwar eine Weile – so ungefähr 100 Seiten – gebraucht, bis er mich ganz gefesselt hatte, aber ab diesem Zeitpunkt konnte ich die Geschichte nicht mehr aus der Hand legen. Der Schreibstil ist wirklich klasse, das Schriftbild angenehm groß und die Geschichte ist wirklich fesselnd geschrieben.

Joy fand ich am Anfang ein wenig nervig, aber sie hat sich im Lauf der Geschichte zu einer wirklich großartigen Person weiterentwickelt. Und auch Neéls Entwicklung war spannend zu beobachten: von einer eiskalten Tötungsmaschine zu jemandem, der fühlt, der Sehnsüchte und Träume hat und für das was er liebt, bis zum bitteren Ende kämpft.

„Die Welt ist größer, als wir denken – weit draußen und tief in uns drin. Was mag alles möglich sein?“ – Seite 186

Der innere Kampf, den Joy mit sich selbst ausfechtet, hat mich zutiefst berührt. Ihr wird klar, dass die Neél liebt, doch sie will auch Amber retten und ihren Clan. Doch wenn sie Amber rettet, ist sie selbst zum Tode verurteilt. Denn Neél kann sie dann nicht mehr schützen. Wie soll sie sich entscheiden, was will sie tun? Was ist das Richtige? Schwere Entscheidungen. Traurige Entscheidungen.

„Man entscheiden nicht immer richtig, auch wenn man gute Absichten hat. Manchmal tut man aus der Not heraus Dinge, die falsch sind. Manchmal tut man etwas nicht, weil es falsch sein könnte und macht damit den größten Fehler. Und manchmal muss man einfach etwas riskieren, ohne hundertprozentig zu wissen, wie es ausgeht.“ – Seite 306

Tatsächlich ist die Welt in der Neél und Joy leben, von alltäglicher Gewalt geprägt.

Jennifer Benkau versteht es, diese Gewalt und die Unterdrückung der Menschen und Percents wortgewaltig vor dem eigenen Auge entstehen zu lassen. Das Buch ist zwar als Jugendbuch deklariert, doch würde ich es Lesern unter 15 Jahren keinesfalls empfehlen wollen. Es erinnert mich sehr an die „Tribute von Panem“.

Die Geschichte ist grausam und doch faszinierend.

Joy und Neél kommen sich näher. In einer Welt, in der es nur schwarz oder weiß gibt. Menschen oder Percents. In der man sich nur hassen, aber nicht lieben kann. In der Frauen als Gebärmaschinen und Dienerinnen gehalten werden. Oder als Allgemeingut für alle Percents.

Joy hasst die Percents – wie kann sie dann Neél lieben? Das ist nicht richtig. Sie ist ein Rebell und er der Feind. Und doch hat er ein Herz. Gefühle. Sehnsüchte. Träume. Er hat so vieles und nicht alles ist schlecht.

„Es würde mich zerreißen, ihn zu verlassen, aber besser, ich zerriss, als dass ich mich aufgab und verlor“ – Seite 417

Der Konflikt ist permanent greifbar. Und so unnötig. Wie aller Hass in der Welt. Gewalt und Hass sind niemals die Lösung.

Die Geschichte endet mit einem Cliffhänger, der es mir unmöglich macht, den zweiten Band “Dark Destiny“ länger als ein paar Stunden im Regal stehen zu lassen.

 „Wer ohne Augen sehen kann, kann ohne Berührungen fühlen und ohne Seele lieben“ – Seite 328

„Unweigerlich fragte ich mich, ob Einsamkeit irgendwo eine Grenze hat – ein Punkt, an dem alles so vereinsamte, dass es einging – oder ob sie immer weiter steigerbar war, bis man so allein war wie der letzte Gedanke des letzten Menschen auf der Welt, lange nach dessen letzter Erinnerung“ – Seite 411/412

Ein großartiger erster Teil mit wirklich ausdrucksstarken Charakteren. Für Fans von dystopischen Geschichten ist der 526 Seiten starke Roman wirklich empfehlenswert.

Also eine klare Leseempfehlung meinerseits.

Und jetzt entschuldigt mich bitte, ich muss jetzt dringend weiterlesen, wie es mit Joy und Neél weitergeht.