[Rezensionsexemplar]

Zum Inhalt:

Bamberg 2004. Nach dem Tod der Mutter Anna entschließt sich Paula schweren Herzens, ihren alten und dementen Vater Karl in ein Pflegeheim zu geben und ihr Elternhaus zu verkaufen. Beim Ausräumen des Hauses fällt ihr das Tagebuch ihrer Mutter in die Hände. Paulas Eltern haben nie viel über den Krieg und ihre Flucht aus Pommern gesprochen und schon nach den ersten Seiten wird Paula klar, dass es hier auch um ihre eigene Identität und Herkunft geht. Und so macht sich Paula gemeinsam mit ihrer Tochter Rosa auf der Suche nach ihren eigenen Wurzeln….

Meine Meinung:

Manchmal findet man ein Buch, dass einen so in seinen Bann zieht, dass man es überhaupt nicht mehr aus der Hand legen kann. „Für immer Deine Tochter“ von Hera Lind ist so ein Buch.

Ich lese oft Literatur über den zweiten Weltkrieg und den Holocaust, doch das war mein erstes Buch, das als Handlung die Flucht und Vertreibung der Deutschen aus dem späteren Polen als Thema hat.

Anna und ihre Familie sind so tapfer und das Leid, dass sie erfahren, ist so unaussprechlich, dass es mir schwerfällt, hier überhaupt eine der Geschichte halbwegs gerecht werdende Rezension zu verfassen.

Die Autorin Hera Lind hat in ihrer Geschichte die wahren Geschichten zweier Frauen zu einer verwoben und daraus einen fiktiven Roman entstehen lassen, der unter die Haut geht. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass dieses Leid und noch so viel mehr Leid wirklich geschehen sind.

Die Geschichte spielt in zwei Zeiten: da ist zum einen die Gegenwart im Jahr 2004. Paula ist 60 und weiß, wer sie ist. Zumindest ist das so, bis ihr das Tagebuch ihrer Mutter in die Hände fällt und plötzlich ist alles, was sie bisher von sich und ihrer Familie wusste, bedeutungslos, weil ihre Vergangenheit eine andere ist als die, die sie bisher kannte.

Und dann nimmt uns die Autorin mit zurück in die Zeit von 1943 bis 1945 und wir lernen die junge Anna kennen, die unbedingt heiraten will, während ihre Eltern sich wünschen, dass sie auf dem elterlichen Hof in Pommern mithilft. Anna heiratet, zieht nach Hannover, doch die Ehe scheitert und als Hannover im Bombenhagel zerstört wird, flieht sie schwanger unter Lebensgefahr zurück zu ihrem Elternhaus. Doch die Russen kommen immer näher. Die Angst und Todesgefahr, die Anna und ihre Familie jeden Tag begleiten, sind auf jeder Seite, ja in jedem Wort spürbar.

Doch man spürt auch immer den Zusammenhalt, die Liebe dieser Familie füreinander und den unbändigen Lebenswillen, dieses Martyrium zu überstehen. Im Lauf der Geschichte kommen noch Wut und Hoffnungslosigkeit dazu, als ihnen klar wird, dass sie in ihrem Heimatdorf keine Zukunft mehr haben, ja das sogar das Überleben – selbst, wenn sie fliehen, mehr als ungewiss ist.

Und immer wieder habe ich mich beim Lesen gefragt: wie können Menschen anderen Menschen so etwas antun und wie kann man über solche Erfahrungen jemals hinwegkommen? Dieses Grauen jemals hinter sich lassen und weitermachen mit dem Leben?

Ich kann meine Emotionen, die mich bei der Lektüre begleitet haben, nur sehr schwer in Worte fassen. Es gibt eigentlich keine Worte dafür. Es ist ein Buch, dass ich nicht mehr zur Seite legen wollte. Ich hätte es am liebsten in einem Rutsch ausgelesen. Was nur schwer ging, ich musste ja schlafen und zur Arbeit.

Und während ich dieses Buch lese über das Grauen, das knapp 80 Jahre in der Vergangenheit liegt, tobt mitten in Europa wieder ein Krieg, der viele Menschen ihre Heimat, ihr Hab und Gut und ihr Leben kostet und ich frage mich: warum?

Das Buch von Hera Lind empfinde ich als unfassbar wichtige Lektüre für Erwachsene und Jugendliche. Ungeschönt und ergreifend lässt sie uns Leser an dem Grauen jener Zeit teilhaben.

Krieg ist grausam. Für jeden. Es gibt keine Gewinner. Nur Verlierer. Nur unaussprechliches Leid. Immer.

Ich bedanke mich herzlich beim Bloggerportal und dem Diana Verlag für das Rezensionsexemplar.