Zum Inhalt: Veronika hat ein ruhiges und beschauliches Leben. Es gibt keine wirklichen Höhen und Tiefen. Keine große Liebe. Jeder Tag verläuft ähnlich wie der vorangegangene Tag. Veronika kann diese Gleichförmigkeit nicht mehr aushalten. Es scheint, als hätte sie alles erlebt, was es noch zu erleben gilt. So beschließt sie dieser Trostlosigkeit ein Ende zu bereiten und freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Doch der Selbstmordversuch scheitert und sie wacht in einer psychiatrischen Klinik wieder auf. Als die Ärzte ihr sagen, dass ihr Herz stark in Mitleidenschaft gezogen ist und sie innerhalb kurzer Zeit versterben wird, ist Veronika zuerst erleichtert. Doch die Klinik und ihre seltsamen Bewohner wecken plötzlich Wünsche und Sehnsüchte in ihr. Die ihr verbleibende Zeit wird ihr zu kurz….
Meine Meinung:
Paulo Coelho – ein wahrer Meister der Worte nimmt uns in seinen Büchern mit auf eine Reise in die innersten Gedanken und Sehnsüchte des Menschen. Und dementsprechend groß war auch meine Erwartungshaltung.
Veronika ist eine junge Frau, die für mich die ganze Zeit sehr farblos blieb. Gefangen in der Tristesse ihres Lebens hält sie die Eintönigkeit nicht mehr aus. Der einzige Ausweg, dieser Tristesse zu entfliehen, scheint aus dem Leben zu scheiden. Es fiel mir schwer, Veronika an diesem Punkt zu verstehen, denn theoretisch liegt es ja in ihrer Hand aus ihrem Leben „mehr“ zu machen. Gleichwohl kann ich verstehen, wie Einsamkeit und Traurigkeit Überhand nehmen und man immer mehr in ein tiefes dunkles Loch fällt, aus dem es scheinbar keinen Ausweg mehr gibt. Und je tiefer man darin versinkt, umso schwerer ist es, dort wieder herauszufinden.
In der Psychiatrie angekommen und mit dem Überleben und dennoch baldigen Ableben konfrontiert ist sie zuerst erleichtert, dass sie bald nicht mehr auf dieser Welt weilen wird. Doch die Klinik und ihre merkwürdigen und unkonventionellen Bewohner fangen an, Veronikas Seele zu berühren. Und ihre Einstellung zum Leben zu verändern. Ihr zeigen, dass sie doch in der Lage ist etwas Tiefes zu empfinden. Für sich selbst. Und für andere. Und plötzlich bekommt ihr Dasein doch noch einen Sinn:
„Bevor du noch einmal sagst, dass du sterben wird, möchte ich dir etwas sagen: Es gibt Menschen, die verbringen ihr ganzes Leben auf der Suche nach einem Augenblick, wie dem, den du gestern erlebt hast, und erreichen ihn nicht. Deshalb stirb, wenn du denn sterben musst, mit einem Herzen voller Liebe“ – Seite 175
Und so ist es nun mal im Leben. Wir begegnen Menschen. Und diese Menschen verändern uns – manchmal nur dadurch, dass sie in unser Leben getreten sind. Manchmal sind es nur kleine Veränderungen, doch manchmal verändert die Begegnung mit einem Menschen einfach alles. Bringt einen Stein ins Rollen und das ganze Leben verändert sich.
Auch die anderen Bewohner verändern sich durch die Begegnung mit der traurigen Veronika. Da ist Mari, die längst als geheilt klingt, doch Angst hat, das Leben wieder in die Hand zu nehmen. Doch die junge Frau und ihre stille Art berühren Mari so sehr, dass in ihr wieder Mut erwacht, das Leben neu zu beginnen:
„Ich möchte noch einmal anfangen zu leben, Eduard. Möchte die Fehler begehen, die ich schon immer machen wollte, aber aus Feigheit nie begangen habe. Mich der Panik stellen, die wiederkommen kann, doch mich nur müde macht, denn ich werde ihretwegen weder sterben noch das Bewusstsein verlieren, das weiß ich genau. Ich kann neue Freunde finden und ihnen beibringen, verrückt zu sein, damit sie weise werden. Ich werde ihnen sagen, dass sie nicht die Anstandsregeln, sondern ihr eigenes Leben, Wünsche, Abenteuer entdecken und LEBEN sollen“ – Seite 163
Auch wenn die Geschichte für mich ein wenig trostlos blieb und ich keinen wirklichen Zugang zu Veronika entwickeln konnte, habe ich durchaus eine Menge Anregungen und Gedanken aus dem Buch für mich herausziehen können.
Das, was ich letztendlich aus diesem Buch mitgenommen habe, ist, dass jeder Moment kostbar ist. Und – und das ist für mich fast noch wichtiger – dass es vollkommen in Ordnung ist, so zu sein, wie man ist. Man muss keiner gesellschaftlichen Norm entsprechen. Es ist ok, wenn man nicht so ist wie die anderen Menschen.
„Nun zu ihrer Krankheit. Jeder Mensch ist einmalig und einzigartig, mit seinen Eigenschaften, Trieben, Begierden und Abenteuern. Doch die Gesellschaft zwingt ihm ein kollektives Verhaltensmuster auf, und die Menschen fragen sich immer wieder, wieso sie sich so und nicht anders verhalten sollen. (…) Bin ich geheilt? Nein. Sie sind jemand, der anders ist und den anderen gleichen möchte. Das ist meiner Meinung nach eine schwere Krankheit.“ – Seite 181
Und darum gilt: Liebt euch, so wie ihr seid. Denn so seid ihr vollkommen und einzigartig. Und vor allen Dingen habt ihr so eine reelle Chance glücklich zu sein.
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