[Eigenes Exemplar]
Zum Inhalt:
Seit Lily ihre erste Liebe Atlas das letzte Mal gesehen hat, sind viele Jahre vergangen. Mittlerweile lebt sie in Boston, hat sich ihren großen Traum vom eigenen Blumenladen erfüllt, eine beste Freundin gefunden und in Neurochirurg Ryle einen attraktiven und liebevollen Partner gefunden.
Doch dann steht Atlas plötzlich wieder vor ihr. Und alles ist wieder da: die Faszination. Die Zuneigung. Die Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit.
Als Ryle davon erfährt, zeigt er sein wahres Gesicht….
Meine Meinung:
Ich sollte gleich zu Beginn der Rezension eine Trigger- respektive Spoiler-Warnung aussprechen. Also überlege Dir gut, ob Du weiterlesen möchtest.
Die Geschichte spielt in zwei Zeiten. Da ist zum einen die Gegenwart. Lily ist nach Boston gezogen, weil „in Boston alles besser ist“ und sie sich dort ihren Traum vom eigenen Blumenladen erfüllen kann.
Und sie spielt – erzählt durch Tagebucheinträge in Lilys Vergangenheit. Die Tagebucheinträge nehmen uns Leser mit in Lilys Teenagerzeit. Mit 15 lernt sie Atlas kennen, der alleine in einem abbruchreifen Haus in der Nachbarschaft lebt. Als Lily das herausfindet, fängt sie an, ihm Essen und Kleidung hinzustellen. Irgendwann lässt sie ihn tagsüber bei sich duschen, obwohl das sehr riskant ist. Die beiden werden erst Freunde, dann Liebende. Bis Atlas Lilys Heimatstadt verlässt…
Lilys Kindheit ist von den Wutausbrüchen ihres Vaters geprägt. Auch wenn er sie niemals anrührt, so ist Lilys Mutter ständig sein Opfer. Lily versteht nicht, warum sie ihn nicht verlässt…
Als Lily in Boston Ryle begegnet, schwebt sie auf Wolke 7. Ryle ist gutaussehend, wohlsituiert, klug und beruflich erfolgreich. Und er trägt Lily auf Händen. Zumindest zu Beginn.
Bis er herausfindet, dass es Atlas gibt. Er verliert die Beherrschung und wird zum ersten Mal gewalttätig. Lily verzeiht ihm. Doch es bleibt nicht bei dem einen Mal…
Lily ist eine toughe junge Frau. Sie hat ihre Grenzen ziemlich klar. Doch sie erfährt auch, wie diese Grenzen sich auflösen, wenn der Mensch, den sie über alles liebt, diese Grenzen auf schmerzvollste Art und Weise übertritt. Sie will ihm verzeihen. Sie liebt ihn. Sie muss sich nur mehr Mühe geben.
Das sind die Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen. Und gleichwohl weiß die rationale Lily aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen, dass das genau die Gedanken sind, die sie weiter in diese häusliche Gewaltbeziehung reinziehen werden.
Wer Colleen Hoover kennt, weiß, dass sie unheimlich gefühlvolle Geschichten schreibt, die ans Herz gehen. Das ist dieses Mal auch der Fall. Gleichzeitig hat sie mit Lily eine junge Frau geschaffen, die in ihrer Beziehung den Dämonen aus ihrer Kindheit erneut begegnet und der es aber gelingt, ab einem gewissen Punkt sich selbst zu schützen und das Richtige zu tun, um sich und ihre kleine Tochter zu schützen.
Vielen Frauen gelingt das nicht. Viele Frauen kehren nach einer Trennung zurück. Wenn sie es überhaupt schaffen, eine Trennung auszusprechen. Angst. Liebe. Finanzielle Abhängigkeit. Erschweren die Trennung.
Sie verzeihen. Wieder und wieder. Hoffen, dass es besser wird. Sie sich nur mehr anstrengen müssen. Sich mehr Mühe geben. Dann wird alles gut. Aber ich kann Euch sagen: Das wird es nicht. Das wird es niemals. Es wird immer nur schlimmer. Jede Grenzüberschreitung setzt die Messlatte für die nächste Grenzüberschreitung niedriger. Bis man selbst ganz verschwindet.
Lily schafft es, vorher die Notbremse zu ziehen. Und das finde ich großartig. Und ich weiß, wie schwer es ist, das zu tun.
Die Geschichte berührt sehr, sie geht unter die Haut und ich kann Euch das Buch nur weiterempfehlen. Aber es nicht leicht zu lesen. Besonders, wenn man selbst Erfahrungen mit häuslicher Gewalt gemacht hat, dann kann es wehtun und triggern.
Das Nachwort von Colleen Hoover und ihre eigenen Erfahrungen mit diesem Thema haben mich zu Tränen gerührt.
Ich kann an dieser Stelle nur noch abschließend sagen:
Ein großartiger Roman zu einem Thema, dass in der heutigen Gesellschaft weiterhin oft totgeschwiegen wird. Und an Dich appellieren: Wenn Dir jemand begegnet, der sich in so einer Beziehung befindet: biete Deine Unterstützung an. Mehrmals. Es braucht viel Zeit, den Mut zu finden, sich aus einer häuslichen Gewaltbeziehung zu befreien. Und es braucht Freunde. Alleine ist es fast unmöglich, dass zu schaffen.
Und falls du selbst in so einer Beziehung lebst:
Du bist nicht schuld. Hole Dir Hilfe: Hilfetelefon “Gewalt gegen Frauen” Telefonnummer: 116016
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