[Eigenes Exemplar]

Zum Inhalt: Jede Nacht kehrt er zurück. Um sieben Minuten nach Mitternacht. Der Albtraum, den der dreizehnjährige Connor jede Nacht aus dem Schlaf hochschrecken lässt, seitdem seine Mutter ihre Krebsdiagnose erhalten hat.

Eines Nachts begegnet Connor in seinem Traum ein Monster. Vor dem Monster hat er keine Angst, dass stellt er schnell fest. Das Monster begleitet ihn von nun an jede Nacht. Bei seinem Albtraum. Und es erzählt ihm Geschichten. Und danach – nach den Geschichten wird es von ihm das Schwerste verlangen, dass Connor sich überhaupt vorstellen kann: die Wahrheit über seinen Albtraum….

Meine Meinung:

Ich glaube, das wird eine sehr persönliche Rezension. Und vielleicht sollte ich den Leser vorab vor Spoilern warnen, denn vermutlich wird es mir nicht gelingen, in dieser Rezension ohne Spoiler auszukommen.

Seit Connors Mutter krank geworden ist, ist sein Leben ein anderes. Er kümmert sich um sich und er kümmert sich um seine Mutter. Denn sie selbst kann das gerade nicht. In der Schule schleichen die meisten Lehrer und Mitschüler um ihn herum. Wobei – eine Jungsgang macht ihm das Leben schwer und lauert ihm jeden Tag nach der Schule auf. Aber er verpetzt sie nicht.

Zuhause ist es still, seitdem seine Mutter so krank geworden ist. Und auch, wenn sie ihm jeden Tag versichert, dass sie den Kampf gegen den Krebs gewinnen wird, so weiß Connor doch tief in seinem Inneren, dass die Chancen dafür nicht allzu gutstehen.

Als das Monster auftaucht, verwischen die Träume Connors allmählich mit der Realität. Das Monster will ihm helfen, sagt es. Connor willigt ein. So hofft er doch, dass das Monster seine Mutter retten kann. Doch das Monster hat anderes im Sinn. Es will Connor retten. Es erzählt ihm Geschichten. Geschichten mit einem Ende, dass Connor so niemals erwartet. Und als es bei der letzten Geschichte ankommt, verlangt es von Connor, ihm seine Geschichte zu erzählen. Seinen Albtraum. Den ganzen Albtraum. Auch das Ende. Connor will nicht, doch letztendlich willigt er ein….

„Ich bin nicht gekommen, um sie zu heilen, sagte das Monster. Ich bin gekommen, um dich zu heilen“ – Seite 181

Connor dabei zu begleiten, wie er sich durch seinen Albtraum kämpft, hat mich tief berührt. Ich kann seine Gedanken und seine Emotionen so sehr nachfühlen. Seine Ängste, Seine Trauer. Und den Wunsch danach, dass es einfach endlich vorbei sein sollte. Und das schlechte Gewissen, dass unweigerlich mit diesem Gedanken einhergeht. Weil er seine Mutter liebt. Und weil er will, dass sie bei ihm bleibt. Aber weiß dass es nicht so sein wird.

Als klar war, dass meine Mutter sterben wird, waren mein Mann und ich gerade auf Lanzarote angekommen. Unsere Flitterwochen. Es war der erste Abend, als meine Mutter zuhause ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Am dritten Tag war klar, dass wir so schnell wie möglich zurückfliegen mussten. Der Sterbeprozess selbst hat dann neun lange Tage gedauert. Tage, in denen mir sehr bewusst war, dass niemand mehr etwas tun kann, um diesen Prozess aufzuhalten. Hilflosigkeit. Liebe. Angst davor, wenn es so weit ist, aber auch irgendwann der Moment, an dem ich diese Gefühlsachterbahn nicht mehr gut aushalten konnte und ich mir in manchen Momenten wünschte, es wäre vorbei. Und auch da ging es mir wie Connor… wie kann ich das nur denken…. Ich habe sie doch so sehr lieb. Und ich will nicht, dass sie geht. Mein Leben ohne sie ist schwer. Ein Stück dunkler. Jeden Tag.

Ich hatte kein Monster, was mich an die Hand genommen hat, um mich dadurch zu begleiten. Dass mir im richtigen Moment gesagt hat „Hier ist das Ende der Geschichte“ – Seite 212
Dieser Moment im Buch hat mir das Herz gebrochen.

Das endgültige Loslassen eines Menschen ist das Schwerste, was man im Leben tun muss. In jeder Sekunde. Und auch das Nichtwissen, wann dieser Moment gekommen ist, ist schwer. Zu hoffen, dass der geliebte Mensch bleibt. Gleichzeitig zu sehen, wie er mit jeder Sekunde ein Stück weit mehr verschwindet. Ihm zu sagen, dass man ihn liebt. In dem Wissen, das in naher Zukunft der Moment kommt, an dem man diese Worte zwar noch sagen kann, er sie aber nicht mehr hören wird, weil er nicht mehr da ist.

Connors Geschichte – die im Übrigen mit jeder Menge Illustrationen versehen ist und das Buch auch optisch zu einem wahren Schatz macht – ist ein wunderbares Buch über Liebe, Familie und über das Sterben und Loslassen eines geliebten Menschen. Es ist ein seltenes Juwel, dass gleichermaßen für junge und erwachsene Leser geeignet ist. Es ist traurig und tröstlich zugleich.

Ich habe mich verstanden gefühlt mit meinen vielen Emotionen, als ich es gelesen habe. Ich habe geweint, weil ich so sehr mit Connor mitgefühlt habe. Weil es so viele Erinnerungen wieder hochgeholt hat. Und weil es mir wieder sehr deutlich gemacht, dass da jemand ist, der jeden Tag schmerzlich vermisst wird.

Das Buch wurde auch unter dem gleichen Titel verfilmt und auch der Film ist wunderbar und sehr am Buch angelehnt. Leider wird er derzeit nirgends kostenlos gestreamt, aber selten war eine Leihgebühr für einen Film mehr gerechtfertigt als für „Sieben Minuten nach Mitternacht“.

Ganz, ganz großes Kino.

Legt Euch Taschentücher bereit und dann taucht ein in die Geschichte von Connor und dem Monster. Ich kann Euch das Buch nur ans Herz legen.