[Eigenes Exemplar]

Zum Inhalt:

Seit seinem traumatischen Erlebnis vor anderthalb Jahren, kümmert sich Marie verstärkt um ihren jüngeren Bruder Theo. Seit dem Überfall er nicht mehr er selbst. Doch anstatt sein Trauma verarbeiten zu können, wird er auch noch in der Schule jeden Tag gemobbt. Und auch wenn Marie versucht, ihn zu beschützen, ist sie nicht immer rechtzeitig zur Stelle.

Alle schauen weg. Die anderen Schüler. Die Lehrer. Einfach alle.

Doch dann ist da der Neue in Maries Klasse: Samuel. Und Samuel schaut nicht weg. Er tritt sich Theos Mobber entgegen. Einfach so. Diese Begegnung bringt vieles ins Rollen. Für alle drei. Denn auch Samuel hat ein schlimmes Geheimnis. Und plötzlich verändert ihre Freundschaft einfach alles. Für alle drei….

Meine Meinung:

Die Bucher von Adriana Popescu sind großartig. „Ein Lächeln sieht man auch im Dunkel“ hat mich sehr berührt. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Samuel, Theo und Marie erzählt. Alle drei haben mit ihren Erlebnissen zu kämpfen.

Da ist Theo, der vor 1,5 Jahren durch den Überfall sich selbst verloren hat. Das Mobbing in der Schule tut sein Übriges dabei, das Trauma aufrecht zu halten. Er würde so gerne heilen, doch er kann nicht. Dazu gleichzeitig das Gefühl, für die Trauer und den Kummer seiner Eltern und seiner Schwester verantwortlich zu sein. Am liebsten würde er verschwinden, denn zum Kämpfen fehlt ihm immer mehr die Kraft. Er kann keine U-Bahn mehr fahren, nicht mehr im Dunkeln schlafen. Panikattacken und Angst sind seine ständigen Begleiter. Bilder von früher tun ihm im Herzen weh. Denn dieser Theo ist unwiederbringlich verloren. Und das ist mehr, als er aushalten kann. Nichts wird wieder gut werden, so wie es einst war. Die Unbeschwertheit wird nie mehr zurückkehren. Dessen ist er sich schmerzlich bewusst.

„Und je mehr ich rede, desto häufiger geht der Horror wieder von vorne los. Nur ändern tut sich nichts. Also funktioniere ich. Für Mama, für Papa und für Marie. Wer weiß, vielleicht schaffe ich es ja eines Tages sogar, mich auf diese Art selbst davon zu überzeugen, dass alles wieder in Ordnung kommt. Nur noch ein bisschen durchhalten“ – Seite 42

Seine Verzweiflung, seine Trauer und seine Angst, haben mir beim Lesen die Kehle zugeschnürt.

„Es ist die Angst, die mich eigentlich in Schach hält. Die Angst vor einer Wiederholung. Die Angst vor dem, was da draußen noch so auf mich lauern könnte. Die Angst vor der Dunkelheit und dem Morgen. Diese Angst, die nicht mehr weggeht und so übermächtig geworden ist, dass es gar keinen Sinn mehr ergibt, es überhaupt mit ihr aufnehmen zu wollen“ – Seite 175

Und natürlich ist es so. Unsere Erfahrungen prägen uns. Und wir sind „danach“ nie mehr der Mensch, den wir mal waren. Nach einem „schlimmen“ Erlebnis ist das nochmal um vieles gravierender als nach den „normalen“ alltäglichen und vielleicht auch schönen Erlebnissen.

„Ich möchte einfach, dass es aufhört. Das mir die Dunkelheit keine Angst mehr macht und ich nicht nur durch mein Leben schleiche, wie ein Schatten, der den dazugehörigen Menschen verloren hat.“ – Seite 177

Marie fühlt sich immer hilfloser. Seit Theo überfallen wurde, ist nichts mehr so wie es war. Ihr ganzes Leben dreht sich nur noch um Theo. Das Leben ihrer Eltern dreht sich nur noch um Theo. Und auch, wenn Marie ihren Bruder liebt und immer gerne für ihn da ist, so hat sie gleichzeitig das Gefühl, dass für sie selbst und ihre eigenen Bedürfnisse kein Raum mehr da ist. Nicht bei ihren Eltern und auch nicht mehr bei ihr selbst. Das macht ihr sehr zu schaffen. Aber sie kann Theo nicht im Stich lassen. Und das will sie auch gar nicht. Und so kommt sie langsam immer mehr an ihre Grenzen….

Samuel ist der Neue an der Schule. Schon am ersten Schultag begegnet ihm Marie, die von ihm ziemlich schnell den Spitznamen „Sternenprinzessin“ verpasst bekommt. Die beiden liegen gleich auf einer Wellenlänge und als Samuel ihren Bruder vor dem fiesen Andi beschützt, ist es irgendwie um Marie geschehen und die beiden kommen sich näher.

Doch Samuel ist kein unbeschriebenes Blatt und auch wenn er aus seinen Fehlern gelernt hat, so ist ihm doch auch sehr bewusst, dass nicht jeder ihm eine zweite Chance geben wird. Und gerade bei Marie wäre ihm das mehr als wichtig, denn er hat sich ziemlich schnell in sie verknallt.

Adriana Popescu hat mit „Ein Lächeln sieht man auch im Dunkeln“ einen sehr berührenden und nachdenklich machen Roman zum Thema Mobbing, Gewalt, Zivilcourage und deren Folgen geschrieben, der mich von der ersten Seite an gefesselt hat. Theo, Samuel und Marie sind Charaktere, die sich sofort in mein Herz geschlichen haben. Alles drei sind auf ihre Art unfassbar tough und geben nicht auf. Egal was gewesen ist. Sie halten zusammen und sind füreinander da. Auch wenn es nicht immer leicht ist. Auch wenn die Vergangenheit sie selbst alle drei verändert hat. Und es nicht mehr so wird wie vorher. Denn das darf man nicht vergessen. Jedes Erlebnis verändert einen Menschen ein Stück weit. Die guten, aber auch die schlimmen Erlebnisse.

Jeden Tag leiden Menschen unter Mobbing. Und die Folgen, die diese Erfahrungen hinterlassen, sind nicht zu unterschätzen. Die Betroffenen kämpfen oft ein Leben lang damit. Das Buch hat mich sehr nachdenklich zurückgelassen.

Von daher: ein sehr, sehr wichtiges Buch. Ich halte es auch als Schullektüre für mehr als geeignet.