Zum Inhalt:

Julia und ihr Mann Tony leben ein idyllisches Leben mit ihren gemeinsamen Kindern. Doch dann wird Tonys jüngerer Bruder Nick Opfer einer Gewalttat. Tony kommt damit nicht klar. Nick entschließt sich, den Täter anzuzeigen. Doch das System hat Lücken und ein Ausgang des Prozesses ist ungewiss. Tony fühlt sich stellvertretend für seinen Bruder vom System im Stich gelassen und rast vor Wut. Er beschließt die Sache selber in die Hand zu nehmen.

Als Julia klar wird, was ihr Mann vorhat, ist ihr schnell klar, dass das Leben, so wie sie es bisher kannten, vorbei sein wird. Sie muss handeln. Doch wie weit wird sie gehen, um das zu schützen, was ihr lieb und teuer ist?

Meine Meinung:

Der Klappentext klang ziemlich spannend. Der war auch der Grund dafür, dass ich dieses Buch unbedingt lesen wollte, obwohl ich momentan ja eher selten Spannungsliteratur lese.

Die Geschichte wird aus der Perspektive von Julia, Nick, Tony und dem Polizisten erzählt, der in dem Fall damals ermittelt hat. Die Geschichte spielt in zwei Zeitformen: einmal zum Zeitpunkt von Nick Vergewaltigung und der Zeit danach und dann vier Jahre später, als Nick auf Wunsch des mittlerweile pensionierten Polizisten diesen noch einmal aufsucht, um lose Fäden zu verknüpfen.

Nick und seine Familie kommen mit der Vergewaltigung nicht klar. Nick fühlt sich als Opfer und beschmutzt und kann nicht wirklich über seine Empfindungen sprechen und möchte sich am liebsten einigeln. Doch das kann er nicht. Denn Tony will seinem kleinen Bruder helfen und ist ständig präsent. Das Familiengefüge steht plötzlich auf sehr wackligen Fragen. Tony und auch Julia sind in ihrer Hilflosigkeit gefangen. Beide möchten Nick helfen, aber wie denn nur? Er weiß es selbst nicht. Niemand weiß, was hilft. Was jetzt das richtig ist. Wie damit umgehen, dass plötzlich alles anders ist. Das die Unbeschwertheit von Nick für immer vorbei ist. Wie damit klarkommen, dass sie ihn nicht beschützen konnten? Wie mit der Hilfslosigkeit klarkommen, ihm nicht aktiv helfen können? Sie können nur für ihn da sein, doch selbst dass kann Nick nicht aushalten. Weil er sich selbst nicht aushalten kann. Nicht eine Sekunde. Emotionen, die ihn permanent zu verschlingen drohen.

Gleichzeitig dreht der Täter den Spieß um und zieht die Medien auf seine Seite.

Zu Nicks Emotionen kommt nun noch dazu, sich verteidigen zu müssen, denn plötzlich steht Aussage gegen Aussage. Und wie die sozialen Medien funktionieren, ist und allen wohl mehr als hinlänglich bekannt.

Während Julia versucht, sich auf das ihr vertraute System zu verlassen und kühl und rational jeden Schritt wohlüberlegt plant, ist Tony ein Gefangener seiner Emotionen. Wut und Hass steuern sein Handeln und daraus entsteht große Gefahr, die alles zu verschlingen droht. Er beschließt, dem ganzen ein Ende zu setzen und das Problem auf seine Art aus der Welt zu schaffen.

Julia findet irgendwann heraus, was Tony vorhat und sucht verzweifelt nach einer Lösung, die es ihr erlaubt, ihre gesamte Familie zu schützen.

Wie weit darf man gehen, um seine Lieben zu beschützen? Gerade, wenn es so aussieht, als würde das System versagen? Was würdest Du tun, wenn es Deine Familie wäre? Das sind die Fragen, mit denen man sich beim Lesen der Lektüre unweigerlich auseinandersetzt.

Was kann man tun, um Nick zu helfen, mit dieser lebensveränderten Situation klarzukommen? Was kann man tun, um die Welt davon zu überzeugen, wer hier das Opfer und wer der Täter ist?

Die Geschichte ist für mich kein typischer Thriller, denn die spannenden Momente fand ich eher selten. Es ist für mich eher ein Roman über eine Familie, die verzweifelt versucht, ihre Familie zu schützen, wenn das System versagt.

Es geht um Vergewaltigung – ungewöhnlicherweise von einem Mann (das liest man in Büchern nur sehr selten), Täter-Opfer-Umkehr, posttraumatische Belastungsstörung und Selbstjustiz.

Ich habe mehr Spannung erwartet, das hat mich beim Lesen ein wenig enttäuscht. Ich würde das Buch für mich nicht in die Kategorie Thriller einordnen, eher ein Drama mit Spannung, denn zwischendurch gab es diesbezüglich einige Längen, auch wenn ich die Geschichte insgesamt unterhaltsam fand.

Im letzten Drittel nimmt die Geschichte nochmal an Fahrt auf, doch das Ende und Julias Handeln haben mich nicht wirklich überzeugt.

Ich bedanke mich herzlich beim Bloggerportal und dem Heyne Verlag für das Rezensionsexemplar.