[Werbung / Rezensionsexemplar]

Zum Inhalt: Lydia verliert ihre große Liebe Freddy bei einem tragischen Verkehrsunfall. Ihr gemeinsamer bester Freund Jonah überlebt den Unfall leicht verletzt, doch kommt mit seinen Schuldgefühlen nicht zurecht. Und so verliert Lydia nicht nur ihre große Liebe, sondern auch ihren besten Freund.

Sie igelt sich ein. Der einzige Trost für sie liegt in den Schlaftabletten, mit denen sie Freddie im Traum besuchen kann. Doch das reale Leben wartet auch auf Lydia….

Meine Meinung:

Die Geschichte wird aus Lydias Sicht erzählt und ist sowohl mit Datum als auch der jeweiligen Realität (wach / im Schlaf) erzählt. So weiß man immer, wo genau sich Lydia gerade befindet.

Die Geschichte ging mir ans Herz. Ich musste sie immer wieder für einen Moment zur Seite legen, weil ich weinen und einen Moment tief durchatmen musste. Die Vorstellung, das Liebste auf der Welt so früh zu verlieren, ist mir unerträglich. Und weitermachen zu müssen, auch wenn man das Gefühl hat, das das Wichtigste fehlt.

„Wird es immer so bleiben, was denkst du?“, frage ich. Sie drückt den Arm an ihre Seite. „Dein Leben ist immer noch dein Leben, Lydia. Du bist noch da, du atmest, ob du es willst oder nicht. Du siehst, wie die Sonne untergeht und wie der Mond aufgeht, egal, wie unverschämt es dir erscheinen mag, dass er jeden Tag sein strahlendes Gesicht zeigt.“ – Seite 63

Lydias Familie hat mein Herz im Sturm erobert. Es ist herzzerreißend, wie liebevoll sie sich immer wieder um sie kümmern. Und auch an Freddie denken. Für Lydia das Beste wollen. Immer wieder für sie da sind. Großartig. So eine Familie sollte jeder von uns haben. Auch wenn sie nichts anderes tun können, als einfach nur da zu sein. Immer wieder.

„Elle hält meine Hand. Tränen laufen auch über ihre Wangen. Sie ist eine Macherin, ich kann mir vorstellen, wie sehr sie darunter leidet, dass sie das hier nicht für mich in Ordnung bringen kann“ – Seite 195

Jonah hat mir sehr leidgetan. Er fühlt sich unendlich schuldig, weil er überlebt hat und Freddie nicht. Das er Gefühle für Lydia hat, macht die ganze Sache unendlich komplizierter. Also tut er das Einzige, was ihm bleibt, um zu überleben. Er zieht sich zurück.

„Unsere Freundschaft ist wie ein kleines Holzboot, dass seit dem Unfall Stürme und hohe Wellen überstanden hat, immer wieder erschüttert durch Wut, Trauer und unendliche Verzweiflung. Manchmal sind wir oben auf einer Welle geschwommen und haben uns fest aneinandergeklammert, manchmal wurden wir in die Tiefe gerissen und haben uns gefragt, ob wir den anderen über Bord werfen. Heute Abend kommt es mir vor, als hätte Jonah eine Entscheidung getroffen: Solange wir beide an Bord sind, wird das Boot nicht sicher den Hafen erreichen“ – Seite 203

Die Autorin versteht es, den Leser mit ihren eindrucksvollen Worten und ihrem berührenden Schreibstil im Innersten zu erschüttern. Ohne Taschentücher kommt man beim Lesen der Geschichte nicht aus.

Lydia dabei zu begleiten, wie sie zaghaft versucht, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen und die Kontrolle zurück zu erlangen, hat mich fasziniert. Sie ist so tough. Sie macht weiter und schafft es Stück für Stück, sich von Freddy zu verabschieden und neue Perspektiven für ihr Leben zu entwickeln. Auch wenn es dunkle Tage gibt, an denen sie meint, keinen Schritt weiter gehen zu können, so rappelt sie sich mit Hilfe ihrer Freunde und Familie immer wieder auf und geht einen Schritt nach dem anderen. Langsam, in ihrem eigenen Tempo. Und das ist etwas, was wir uns alle verinnerlichen müssen. Trauer braucht Zeit. Und zwar bei jedem unterschiedlich lang. Da gibt es kein richtig oder falsch. Kein schwarz oder weiß.

„Man kann Trauer nicht in Ordnung bringen, sie dauert so lange, wie sie dauert“, sage ich. „Mein Arzt hat mir erklärt, man müsste die Trauer durchleben, um auf der anderen Seite wieder herauszukommen.“ – Seite 276

Der Wechsel zwischen Realität und Traum ist faszinierend. Die unterschiedlichen Leben driften immer weiter auseinander und Lydia wird das immer mehr schmerzlich bewusst. Irgendwann – so wird ihr klar – muss sie sich für eine Welt entscheiden. Und welche das sein muss, steht eigentlich schon fest. Das weiß sie. Es gibt keine andere Möglichkeit.

Lydia nimmt sich spontan eine radikale Auszeit und reist nach Kroatien, um sich selbst wiederzufinden und um sich für immer von Freddy zu verabschieden. Ein trauriger und schmerzhafter, aber doch notwendiger Prozess beginnt.

„Als ich die Augen schließe und das Gesicht in die Sonne halte, mach ich mir bewusst, dass ich noch da bin. Meine Füße stehen in Sneakers auf dieser trockenen staubigen Erde, mein Körper sitzt auf dieser schlichten Holzbank. Mein Herz mag unberechenbar sein, unsicher, ob es jemandem gehört, aber ich bin noch da.“ – Seite 396

Und irgendwann wird ihr klar, worum es wirklich geht:

„Es ging nie darum, über Freddie Hunter hinwegzukommen. Ganz gleich, was mein Arzt sagt, so funktioniert das nicht. Man kommt nicht in einem halben Jahr oder in zwei oder in zwanzig Jahren darüber hinweg, dass man einen geliebten Menschen verloren hat. Vielmehr muss man herausfinden, wie man weiterlebt, ohne das Gefühl zu haben, alles was danach kommt, sei nur zweite Wahl. (..) Jeder muss seinen eigenen Weg finden, und wenn man Glück hat, gibt es Menschen, die einen lieben und einem dabei die Hand halten“ – Seite 440

Und das ist für mich einer der wichtigsten Absätze in dieser Geschichte. Er gibt soviel Mut und Kraft, das Leben wieder anzupacken. Okay zu sein mit der Trauer, die immer da sein wird. Vielleicht nicht immer so tief, aber sie ist da. Manchmal leise. Manchmal laut. Manchmal begleitet von Erinnerungen, die einen lächeln lassen. Manchmal begleitet von Momenten, die zu Tränen rühren.

Mein FAZIT:

Auch ich den Klappentext etwas irreführend finde – denn schließlich steht nicht die Liebe zwischen Jonah und Lydia im Vordergrund, sondern tatsächlich nimmt der Abschied von Freddie und das Verarbeiten der Trauer den größten Raum der Geschichte ein – begeistert mich das Buch. Es hat mich Schmetterlinge fühlen lassen und gleichzeitig zu Tränen gerührt. Eine wundervolle Geschichte.

Für Fans von Büchern wie „Die letzten Tage von Rabbit Hayes“ oder „Ein ganzes halbes Jahr“.